Februar 2021 – Heiligendorf ertrinkt im Schnee und ich habe Hausarrest
Es sieht wunderschön aus, wenn man aus dem Fenster schaut. Alles ist dick weiß bepackt und seit Tagen fallen zarte Flocken vom Himmel. Der Terrassentisch, trotz Gitteroberfläche, ist mit einer hohen Schneehaube versehen, unsere Vögel sind froh, dass die Futterstelle aufgefüllt ist.
Eigentlich ein Traum. Eigentlich? Wie viele Rollifahrer auch bin ich jetzt erst recht gezwungen, drinnen zu bleiben. Bei uns kam der Schnee langsam genug herein, dass die ersten Lagen auf dem Boden festgefroren sind. Das sorgt für mich dafür, dass ich nicht einmal bis zur Mülltonne komme, weil die Rampe vereist ist. Tausalz streuen ist nicht gern gesehen, scharfkantiger Splitt macht mir die Räder und dem Haus das Parkett kaputt, weil ich ihn eben nicht in den Abtreter wischen oder rasch die Schuhe wechseln kann.
Aber selbst wenn wir dafür eine Lösung fänden (oder einfach doch Tausalz streuten sobald es aufgehört hat zu schneien) bliebe immer noch das Problem der Schneewälle und Schneeverwehungen. Es war am Wochenende hier recht windig und hat darum einige Schneewälle aufgetürmt. Das allein ist aber keine Entschuldigung dafür, dass abgesenkte Stellen an Fußgängerüberwegen, Ampeln oder schlicht Einfahrten zugeschippt werden, was es unsereinem nahezu unmöglich macht, eine Straße zu queren.
Wieso aber werden abgesenkte Stellen zugeschippt? Einerseits von Schneefräsen, die die Hauptstraßen freiräumen. Damit Autos, Laster und der Nahverkehr vom Fleck kommen. Und andererseits von Anwohnern, die Wege auf dem Grundstück und vielleicht sogar ihren Fußweg freiräumen. Da sind dann sogar oftmals die Einfahrten frei geräumt, damit das Auto bewegt werden kann. Bitte versteht mich nicht falsch, ich habe das auch oft so gemacht und den Schnee dann eben nicht auf den Rasen geworfen, sondern an den Rand der Einfahrt geschippt oder gefegt. Weil ich mir einfach nicht darüber im Klaren war, dass es damit Kinderwagen, Rollator- und Rollstuhlfahrern unmöglich gemacht wird, den Fußweg entlang zu kommen.
Und dann die Sache mit dem Eis. Natürlich möchte man nicht dafür verantwortlich gemacht werden können, dass Post- und Paketboten sich auf dem Grundstück oder Passanten auf dem Gehweg lang machen (was meiner Kenntnis nach zu berechtigten Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen führen kann). Also wird etwas gegen das Eis getan. Das heißt in vielen Fällen, es wird Splitt gestreut, damit keiner ausrutscht. Auch auf vielen Straßen (speziell in Wohngebieten, in denen die Anwohner selbst für die Straßenreinigung verantwortlich sind) wird Splitt statt Tausalz eingesetzt. Ist natürlich besser für die Umwelt. Aber.
Vielleicht seid ihr mal auf freier Straße mit dem Fahrrad über Splitt gefahren. Oder mit dem Auto. Ganz abgesehen davon, dass man einfach weniger Bodenhaftung hat, wirbelt man den Splitt hoch, was auf dem Rad schon unangenehm sein kann. Im Rollstuhl besteht dann durchaus die Möglichkeit, ein Steinchen ins Gesicht, vielleicht gar ins Auge zu bekommen. Der Kopf ist einfach dichter an der Fahrbahn. Natürlich ist das (Achtung, Ironie) alles kein Problem, weil gerade die Autofahrer ja dem Wetter angepasst unterwegs sind. Theoretisch. Praktisch ist es oft so, dass sie recht zügig fahren, und damit schon mal Steine, Sand oder sonstiges Streumittel aufwirbeln. Auch die größeren Räder von Bussen und Lastwagen bieten Unfallquellen, und das selbst dann, wenn die Fahrer langsam unterwegs sind.
Mein Fazit also ist: Ich habe Hausarrest. Ich schaue mir die weiße Pracht vom Fenster aus an, bin froh, dass hier im Haus drei Geher wohnen, die nötigenfalls einkaufen gehen können. Dass es nötigenfalls Lieferdienste gibt, und dass ich einen gut ausgelasteten Vorratskeller habe. Mit viereinhalb Kilo Nudeln, ausreichend Mehl und Hefe. Und Klopapier.